Hat die Kirche ihre Berufung erkannt?
Während ich in den 1970ern in Illinois lebte, hatte ich eine Vision, die ich nie vergessen werde. Zwei Worte kamen mir: „Heilende Salbe“. Wir haben alle den Ausdruck „Heilende Salbe“ schon einmal gehört, doch wusste ich damals nicht, was es bedeuten sollte. Ich glaube, dass es der Schlüssel in der Berufung der Kirche ist, die Juden zur Eifersucht zu provozieren: Gottes heilende Medizin, die Salbe göttlichen Mitgefühls, Barmherzigkeit und Liebe so tief, dass sie Fehler der Geschichte überwindet. Wussten Sie, dass CFI in mehr als 50 Städten in Israel Heilung bringende Teams sendet? Vor Jahren, in 1980, sagte eine der ersten Überlebenden, mit denen ich je gearbeitet hatte zu mir: „Ich bin vier Jahre lang unter Nazi-Besatzung gewesen; ich verlor meine gesamte Familie. Und dann fragte ich mich: ‚Warum?’“ Sie fuhr fort: „Warum geschah dies mit meinem Volk? Ihr wart die ersten Christen, die zu mir kamen. Ihr wart die ersten Christen, die mein Volk besuchten – ihr liebt sie, ihr umarmt sie ...“ Ich erwiderte: „Ja, wir sind Christen und die Teammitglieder sind Christen.“
Ihrer Meinung nach ist es einem Christen unmöglich auf andere zuzugehen, zu umarmen, zu lieben und zu dienen, barmherzig zu sein. Sie sagte weiter: „Ihr habt mich verändert – mein ganzes Leben hat sich verändert. Ich habe wieder Glauben – ich habe wieder Glauben in euer Volk.“ Mit anderen Worten sagte sie: „Ihr provoziert uns dazu, unsere Denkmuster zu ändern.“ Die Liebe des Heilands ist bedingungslos. Die Bibel sagt, die Liebe ist die Fülle der ganzen Torah, und fügt niemandem Leid zu. Demzufolge ist göttliche Liebe die Fülle der Torah und sie ist die Fülle des Messias Jesus und allen Seiner Lehren. Der Römerbrief lehrt uns, dass Liebe hingebungsvoll ist; werden wir dem jüdischen Volk gegenüber hingebungsvoll sein? Werden wir als Christen jetzt und in der kommenden Zeit zuerst Gott, dann Seinem Sohn Jesus und schließlich dem jüdischen Volk gegenüber hingebungsvoll sein? Rabbi Yaacov Youlis sagte zu mir: „Während des Golfkrieges, als uns die Raketen nur so um die Ohren flogen, schrieb ich über euch Christen etwas in mein Tagebuch.“ Ich fragte ihn: „Was hast Du geschrieben?“ Er erwiderte: „Nur zwei Worte.“ Ich fragte wieder: „Nun, was waren diese zwei Worte?“ Er sagte: „Sie blieben.“ Was er meinte war: „Ihr seid nicht weggelaufen als es meinem Volk schlecht ging.“
Es ist wahr, das Christentum hat traurigerweise im Laufe der Geschichte den Namen Gottes missbraucht. Er gab uns den Auftrag das Salz der Erde zu sein. Es hört sich vielleicht etwas seltsam an, doch sagte zu mir einmal jemand: „Sharon, ich liebe dich so sehr, dass ich das Salz deiner Tränen schmecken kann wenn du weinst.“ Wir müssen lernen das Salz der Tränen der jüdischen Menschen zu schmecken, denn welches andere Volk auf dem Angesicht der Erde wird von so vielen Menschen so sehr gehasst?
In 1985 luden uns unsere Nachbarn, Eli und Pninia, an einem Abend zu einem Sabbatessen zu sich ein, und sie fragten uns, warum wir gekommen sind um in Israel zu leben.So antworteten wir Ihnen: „Nun, wir verkauften alles und kamen nach Israel, weil Gott es uns gesagt hatte,“ und fuhren fort ihnen unser Zeugnis zu geben. Dann hielt sich Pninia die Hände vors Gesicht und sagte: „Ich bin so eifersüchtig auf euren Glauben, dass ihr das tun würdet, was euch unser Gott gesagt hat.”
In den 1990gern führte CFI Barmherzigkeitsmissionen in der ehemaligen Sowjetunion durch, und ich leitete einige Teams in der Suche nach älteren jüdischen Überlebenden, um ihnen zu helfen. Wir waren berufen die vergessenen „verborgenen Schätze“ der ehemaligen Sowjetunion zu finden. Ich muss sagen, dass ich nie Wunder gesehen habe, wie sie dort geschehen sind. Eines Tages möchte ich gerne ein Buch darüber schreiben. Wir sahen, wie jüdische Herzen geheilt und „provoziert“ wurden, obwohl wir nichts taten! Wissen Sie was geschah? Barmherzigkeit und Freundlichkeit gingen mit uns. Unsere Erfahrungen sind unbezahlbar; wir trugen lediglich Gottes Liebe und Mitgefühl für Sein verwundetes Volk mit uns, das heute auch noch verwundet und von Feinden umzingelt ist.
Die Menschen, die wir besuchten, hatten während und nach dem Holocaust viel Verfolgung erlitten. Sie sagten zu uns: „Ihr seid die Ersten, die gekommen sind, um unseren emotionalen Schmerz aufzuarbeiten.“ Und dann sagten sie: „Wo seid ihr gewesen?“ Sie waren vergessen worden, und wir begannen das Heilmittel aufzutragen, sie wissen zu lassen, dass an sie gedacht wurde, und dass wir vor Ort waren um sie auf irgendeine Art und Weise zu segnen.
Ich werde niemals Luba vergessen, die ganz in Schwarz gekleidet war. Sie hatte sich seit Ende des Krieges nur in Schwarz gekleidet. Als wir sie kennen lernten sagte sie: „Wie kann ich sprechen? Ich kann nicht weinen! Vielleicht bin ich aus Stein?“ In ihren Augen konnten wir sehen wie sie auf einmal wieder im Konzentrationslager, wieder Mitten im Krieg war. Sie sagte: „Als ich im Getto war stapelten sie unsere Menschen wie Holzscheite.“ Eine große Träne hing an ihren Wimpern, doch sie wollte nicht fallen, bis ein Mitglied unseres Teams zu weinen begann. Und als sie weinte schluchzte sie: „Eure Tränen sind in mein Herz gekommen.“ Wir beobachteten, wie sich Luba von einem Stein zu einer Kerze verwandelte. Am letzten Tag unseres Aufenthalts verabschiedeten wir uns gerade von allen, als Luba in einem lavendelfarbenen Hemd zu uns herüberspazierte. Sie sagte: „Ich werde nie wieder Schwarz tragen.“ Wir haben sie zur Hoffnung provoziert, denn sie sagte auch: „Ich weiß jetzt, dass Gott existiert, weil ihr gekommen seid.“
Mira war 90 Jahre alt und hatte drei Jahre in Auschwitz verbracht. Sie sagte: „Sie zwangen uns, wie Kühe Gras zu fressen. Das schwierigste war, die Öfen zu sehen, wo sie mein Volk verbrannten.“ Wir brachten ihr Nahrungsmittel, Medizin, finanzielle Hilfe und eine von blinden Christen aus Großbritannien handgefertigte Decke. Sie hatte eine Nummer auf ihrem Arm, doch nie eine Entschädigung erhalten. Als wir ihr die Decke gaben sagte sie: „Oh, für meine Leiden!“ Sie sah die Decke als eine Art Abzeichen für ihren Schmerz und ihr Leid an – etwas woran sie sich festhalten könnte – das sie wissen ließ, dass jemand sie liebte. Sie war in ihrem Herzen aufgewühlt. Sie sagte: „Ich werde heute Nacht in dieser Decke gehüllt schlafen. Ich werde mich bis zu meiner Beerdigung an diesen Tag erinnern.“
Gersch war ein Mann, der so viel erlitten hatte – seine ganze Familie, sogar seine Kinder, verlor er – der Holocaust tötete sie. Er kam zurück in seine Heimat in Polen, heiratete ein zweites Mal und bekam eine neue Familie – zwei Söhne. Eines Tages, als er und seine Frau beim Einkaufen waren, klopften seine sogenannten christlichen Nachbarn an die Tür seines Heims und ermordeten beide Kinder. Er befand sich in einem tiefen Zustand der Trauer und Hoffnungslosigkeit als wir ankamen. Doch als wir uns wieder verabschiedeten sagte er: „Jetzt glaube ich. Ihr seid zu uns gekommen und habt uns Liebe gezeigt, die uns noch niemand gezeigt hat.“
Eine andere jüdische Person sagte: „Dass ein nichtjüdischer Gläubiger, ein Christ, meinen Gott kannte und mehr liebte als ich, das machte mich eifersüchtig!“ Ein anderer sagte: „Sie folgen unserem Gott mehr als wir es tun; sie zeigen Barmherzigkeit mehr als wir; sie sind mehr jüdisch als wir!“ Und schließlich meinte eine Auschwitz-Überlebende: „Nach dem Krieg waren die Nazis hungrig und ich gab ihnen zu essen.“ Eine Überlebende teilte das bisschen Brot, das sie hatte, mit den Nazis! Wir sagten ihr, wir hofften eines Tages auch so zu sein. Sie provozieren uns auch von Zeit zu Zeit zur Eifersucht!
Es gibt einen Unterschied zwischen Neid und Eifersucht; ein guter Freund legte es einmal so für mich aus: „Neid bedeutet etwas haben zu wollen, was jemand anderem gehört; doch Eifersucht bedeutet, dass dir jemand etwas weggenommen hat, was dir gehört, und du es wieder zurückhaben willst.“
Derek Prince sagte einmal: „Das weiße Leinen der Braut sind die gerechten Taten der Heiligen.“ Unsere christlichen Väter verabscheuten die Juden ganz unverschleiert. Es ist ein Skandal. Sie behaupteten: „Diese starrköpfigen Juden widerstehen uns!“ Christlicher Antisemitismus wird gerichtet werden. Einige Menschen haben mir gesagt, dass sie mich nicht unterstützen würden, wenn ich die Juden nicht anpredige. Aber ist es denn je richtig, wenn sie Jesus nicht annehmen, uns auf sie zu stürzen, sie zu zwingen, abzulehnen, ihr Leben zu nehmen, damit sie Ihn annehmen? Dieser Gedanke ist nicht weit hergeholt, denn das ist, was in der Geschichte geschehen ist. Können Sie sich vorstellen wie in Spanien die „Inquisitoren der Kirche“ jüdische Menschen auf Tischen an Händen und Füßen ketteten und sie Zentimeter um Zentimeter auseinander rissen, mit einem Abbild von Jesus am Ende des Tisches und zu ihnen sagten: „Glaube oder sterbe!“ Ist es nicht der Heilige Geist, der Menschen nötigt zu glauben? Wir können seine Gefäße sein, doch können wir nichts erzwingen; das ist Gottes Werk.
Es ist keinesfalls verboten ihre Fehler zu sehen – jüdische Menschen sündigen wie wir alle. Verehren Sie sie nicht, vergöttern Sie sie nicht; bleiben Sie mit den Füßen auf dem Boden. Machen Sie Gott und den Messias, Jeschua, zu der Hauptfigur in Ihrem Leben. Doch wenn Sie ein jüdisches Buch lesen, und einem jüdischen Messias dienen und Sie die Worte der Propheten und Apostel, die alle jüdisch waren, lesen, dann haben wir alle, wie ich meine, den Auftrag, zur Eifersucht zu provozieren. In dieser Zeit, in der sich so vieles verändert, muss sich die Kirche in das Ebenbild des Herrn verändern lassen. Und wenn Sie mit jüdischen Menschen reden und sie Sie stoßen und bespucken, dann lassen Sie es geschehen. Lassen Sie es Seine Liebe sein, die den Schmerz trägt. Vergessen Sie nicht, dass die große Sünde der Kirche geistliche Überheblichkeit war. Die Kirche wandte diese gegen die Juden an indem sie sagte: „Schließt euch uns an, wir ersetzen euch; wir haben alles, ihr wurdet verworfen und nun sind wir das neue Israel.“ Die Kirche blieb nicht demütig und sie sagte nicht: „Wir haben uns euch angeschlossen und haben euren Messias, Jesus, angenommen.“ Geben ist die erste Reaktion der Liebe, das ist auch, was der Herr getan hat, bis hin zum Kreuz.
Wir müssen ein Segen sein, um diesen Fluch wegzunehmen, und dann können wir Seine wahren Zeugen sein. Auch Sie können mitmachen und uns helfen. Wir lieben das jüdische Volk und wir werden für es beten; wir werden an seiner Seite stehen, damit Gott Sein Werk vollbringen kann, und wir können an der Demut des Lammes teilhaben. Ich will uns heute herausfordern, Früchte der Buße hervorzubringen. Denn unsere Vergangenheit kann entweder „ein Mühlstein um unseren Hals sein“, der uns zurückhält, oder sie kann der Wind unter unseren Flügeln sein. Seien Sie demütig. Hat der gute Samariter dem verletzten Mann ein Traktat in die Hand gedrückt? Nein, er kniete sich nieder und diente der Person, die Heilung benötigte. Es könnte sein, dass Gott eines Tages die Frage stellt: „Mein Volk brauchte jemanden, an dem es sich anlehnen konnte, warst du zur Stelle?“
Ein gläubiger Nichtjude aus Ungarn sagte einmal: „Ich weiß, dass mir am Tage des Gerichts nicht die gleiche Frage gestellt werden wird, die Gott Kain gestellt hat: ‚Wo warst du, als das Blut deines Bruders zu Gott gerufen hat?’“ Wir könnten diese Frage umformulieren: „Warum haben Christen uns nicht geholfen?“ Möge Gott uns die Demut schenken, zu erkennen, dass wir die Zweige sind, nicht die Wurzel. Zum Schluss wird uns Gott auf der Waage der Gnade wiegen, denn auch Er hat uns Gnade erwiesen. Kann die Kirche die Heiligkeit dieses Aufrufes, zur Eifersucht zu provozieren, wiederherstellen? Können wir den lange verlorenen Auftrag Gottes für die Kirche wieder entdecken? Sind wir genug an der Zahl, um den Verlauf der jüdischen und christlichen Geschichte zu Recht zu rücken? Diejenigen, die diese Botschaft lesen und verstehen, wie unsere geistlichen Vorfahren uns in Bezug auf die Beziehung zu Israel an die Stelle gebracht haben, an der wir nun sind, werden auch die Bedeutung der Buße, die wir als Kirche tun müssen, verstehen. Wenn die Kirche wirklich beginnen würde, auf den Aufruf, zur Eifersucht zu provozieren, zu antworten und zum wahren Angesicht unseres Herrn zu werden, glaube ich, dass wir niemals wieder auf die unangenehme Frage antworten müssten: „Warum haben uns die Christen nicht geholfen?“
– von Sharon Sanders
Direktorin des Dienstes und der Lehre